1815 - Schullehrer Haas
I.
Heut, Dato, Samstag, den 29.April, abends 1/2 4 Uhr, 1815 ist der Knopf auf unserem hiesigen Kirch-Thurm von dem Schieferdecker-meister Herrn Johann Tobias Heinlein, Schieferdecker zu Herrnneuses, mit Hülfe seines Sohnes: Nahmens: Johann Friedrich Heinlein‚ gegenwärtigem Schieferdeckers-Gesellen mit vieler Geschicklichkeit abgenommen und ins hiesige Schulhaus gestellt worden, bis er wieder hinauf gekommen. Er wurde in meiner Gegenwart im Hause des, der Kirche gegenüber wohnenden Johann Fuchs, mit der hiesigen Gemeinde-Metze (Metzen, ein altes Hohlmaß = 37‚05 Liter), mit Korn abgeeichet und hielt, ohne den Stiefel, welcher nicht mitgefaßt wurde: 5 1/2 Metzen Korn, Auber Maß.
Es fand sich auch ein Schreiben in einem kleinen alten verrosteten Büchslein, vom 9.April 1756 datiert und suscribirt (=unterzeichnet) von Georg Leonhard Krämer, Wirth hier zu Auernhofen.
In selbigen großen und kleinen Brieflein fand sich die damalige Geldwehrung mit damaligem Getreidepreiße. Als der Knopf wieder aufgesteckt wurde, that man das alte Schreiben, welches in Copia(=Abschrift) zu den Pfarrakten‚ gelegt wurde, mit diesem gegenwärtigen wieder in denselben hinein. Auch fanden sich zugleich in dem alten Büchslein: 4 Stück alte Bayreuther Pfennig-stücke mit der lateinischen Rotunda-Schrift (=gerundete Schrift aus dem 13. Jahrhundert):
II.GUTH:PF:BR.LANDMÜNZ und die Jahrzahl; nämlich auf 2 Stück: 1752 und auf 2 Stück 1751. Zu gegenwärtiger Zeit gilt die Carolin (schwedische Münze aus dem 16.Jahrhundert = 2 M) = 11 Gulden(fl) rheinisch. Von Duplonen (Dublone, eine-Goldmünze) ist gegenwärtig gar keine Rede mehr. Die französischen Taler galten vor mehreren Jahren 2 fl 4 kr. Vor 2 bis 3 Jahren wurden sie auf 2 fl 3 kr herabgesetzt und gegenwärtig sind sie dergestalt reduziert, daß sie gar außer Kurs kamen. Die Kronenthaler gelten 2 fl 42 kr rh., der Reichsthaler 1 fl 30 kr rh, der Conventionsthaler 2 fl 24 kr und der Conventionsgulden 1 fl 12 kr rh. Der leichte oder Rheinische Gulden gilt kr und der gute oder fränkische Gulden gilt 15 Kreuzer. Gegenwärtig sind wir Baierisch. Unser König, welcher 1806 noch Churfürst war und erst König wurde, heißt: Maximilian Joseph Franz. Seine Gemahlin heißt: Friederica, Wilhelmina, Carolina. Der Kronprinz: Carl, Ludwig, August.
Dieses schrieb: Georg Leonhard Haas. Schullehrer allhier. G.G.G.G.
II.
Das Getreide gilt gegenwärtig:
Korn 8 fl rh in Ochsenfurt, bei uns 7 1/2 fl rh, Auber Maß.
Weizen: zu Ochsenfurt 11 fl, bei uns 10 1/2 fl,
Dinkel 5 fl bei uns und in Ochsenfurt 5 1/2 fl.
Haber bei uns 7 fl 30 kr auf dem Wasser (?) aber 8 fl.
Im Jahre 1814 ist das ganze Würzburger Land bayerisch geworden. Freitag, den 26.August 1757: also ein Jahr hernach, da der Thurmknopf hinaufgemacht gewesen war, hatten die hiesigen Einwohner das Unglück, daß morgens gleich nach 7 Uhr ein Feuer auskam, und 4 Häuser und 4 Scheuern abgebrannt sind.
Im Jahr 1798 montags früh 10 Uhr ist abermals ein Unglück durch das Feuer entstanden, wobei 1 Haus und 2 Scheuern abbrannten.
Auernhofen, den 3.Mai 1815
Georg Leonhard Haas
Königl. Bayerischer Schullehrer, Mauthner (=Zöllner)
und Unteraufschläger (=Steuereinnehmer)
Gott allein die Ehre!
III.
Anno 1798 wurden wir Ansbacher: königlich-preußisoh, um Lichtmeß. Vorher waren wir hochfürstlich-ansbachisoh und jetzt sind wir königl. bayerisch, nämlich seit anno 1806 um Pfingsten herum, da ich dem König von Bayern mit der ganzen Uffenheimer Geistlichkeit, zu Uffenheim, im Schloß, als hiesiger Schullehrer huldigte. Wir haben bisher vieles erfahren. Es sind durch unseren hiesigen Ort: Russen, Franzosen, Kosacken, Kalmücken, Österreicher, Preußen und Bayern und noch andere Völker gezogen, und auch hier in Quartier gelegen.
Es befinden sich allhier: 33-34 Häuser. In solchen wohnen: 39 Familien nämlich 91 männl. und 93 weiblich, das in a11em 184 Seelen.
Seit 1788 am 12. Sonntag nach Trinitatis, den 10. August, haben wir allhier alle Sonntag früh Gottesverehrung allhier, da wir vorher des Jahres nur 6 mal und an der Kirchweih Gottesdienst hatten. Gesungen wurde Nr.248 und 240 aus dem ansbachischen Gesangbuch. Gepredigt wurde: Text im 50.Psalm: Opfer Gott Dank.
Gegenwärtig haben wir die Ehre, Seine Hochwürden, Herrn Pfarrer Friedrioh Vogtherr, als Seelsorger des hiesigen, zur Holzhäuser Mutterkirche eingepfarrten Filials zu haben. Sie sind seit 4 Jahren Distrikts-Schulen-Inspektor. Geliebt und verehrt und geschätzt von Ihrer ganzen Pfarrgemeinde. Berühmt‚ angesehen und hochgeschätzt bei Ihren hohen Vorgesetzten. Geachtet, geliebt und gelobt von jedermann.
Sie stehen gegenwärtig im 60. Lebens- und 35.Amtsjahr. Es hat solches der damalige Schullehrer geschrieben. Er ist seit 1723, in welchem Jahre, die hiesige Schule, ehemals eine Freischule, errichtet wurde, der 12.Schullehrer allhier.
Die Schullehrer folgten einander seit 1723 im Amte also nach:
- ……………Schmidt (dessen Vorname nämlich unbekannt)
- Carl Friedrich Moll
- Joh.Bartholomäus Witten(?)
- Georg Karl Gabelein
- Joh.Georg Meinungen
- Johannes Zimmermann
- Franz Anton Schüßler
- Johann Basilius Schilfahrt
- Christoph Philipp Weber
- Daniel Weber, des vorigen Sohn
- Heinrich Gottlieb Brendel
- Georg Leonhard Haas, welcher dieses schreibt.
Zu Pfarrer Vogtherr: Noch muß ich bemerken, daß unser Hochwürdiger Herr Pfarrer ein Sohn des im alten gefundenen Papier, geschriebe-nen Vogtherr war und ist.
Zum Angedenken nach unserem Tod‚ habe ich Schullehrer Haas diese 3 Briefe geschrieben‚ damit die Nachkommenschaft weiß, was wir vor Zeiten gehabt – und wir erfahren haben. Der Knopf wurde wieder aufgesteckt, Mittwoch den 3.Mai als am Himmelfahrtsabend‚ morgens 10 Uhr, 1815
Schullehrer Haas
Zum Zeichen der Wahrheit,
daß ich Mauthner (Zöllner, Zolleinnehmer) war
Königlich Baierische Grenz-Maut-Station Auernhofen
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